In den letzten Jahrzehnten wurde in den meisten OECD-Ländern die Umverteilungswirkung des Steuersystems politisch gezielt erheblich geschwächt. Obwohl dieser Trend seit Kurzem gebremst worden ist, scheint ein umfassender Richtungswechsel nicht in Sicht. Ein zentrales Argument gegen einen solchen Wechsel ist der behauptete Zielkonflikt zwischen Verteilungsgerechtigkeit und Effizienz. Nach herrschender Ansicht ist eine stärkere Besteuerung von hohen Einkommen, Unternehmensgewinnen und Vermögen schädlich für Wachstum und Beschäftigung. Jedoch lassen selbst die dominierenden theoretischen Ansätze erhebliche Spielräume für eine progressivere Steuerpolitik. Aus einer keynesianischen makroökonomischen Perspektive kann Umverteilung sogar systematisch förderlich für Wachstum und Beschäftigung sein. Daher sollten neben Versuchen, die internationale Steuerkoordinierung und -harmonisierung voranzutreiben, die nationalen Steuerpolitiken aktiv ihre Handlungsspielräume für eine progressivere Besteuerung nutzen, um die Ungleichheiten in der Einkommensverteilung zu korrigieren und gleichzeitig den finanzpolitischen Spielraum zu erweitern.
This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.