Das strafgerichtliche Fehlurteil - Systemimmanenz oder vermeidbares Unrecht?
Eine Untersuchung zu den Ursachen von Fehlurteilen im Strafprozess und den Möglichkeiten ihrer Vermeidung
Zusammenfassung
Auf der Grundlage eines eigenen Definitionsvorschlages zum Fehlurteilsbegriff untersucht der Autor das Phänomen Fehlurteil aus dogmatischer und empirischer Perspektive. Neben der Frage der Häufigkeit von Fehlurteilen und einem Überblick über die Möglichkeiten der Fehlerkorrektur im Strafverfahren bildet die empirische Untersuchung der Ursachen und Vermeidungsmöglichkeiten von Fehlurteilen das Herz der Arbeit. In diesem Rahmen hat der Autor zunächst zentrale, allerdings schon ältere Studien zu Fehlurteilen ausgewertet und die gefundenen Ergebnisse kategorisiert und systematisiert. Zur Überprüfung der Aktualität dieser Ergebnisse und zu ihrer Vertiefung hat der Autor Experteninterviews mit Strafrichtern an Rechtsmittelgerichten durchgeführt. Die gewonnenen Erkenntnisse dienten als Grundlage für die Diskussion der Frage, wie Fehlurteile künftig besser vermieden werden können, etwa durch den verstärkten Einsatz videotechnischer Dokumentationsmöglichkeiten im Strafverfahren.
Schlagworte
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- 1–20 Titelei/Inhaltsverzeichnis 1–20
- 21–131 Erster Abschnitt: Theoretische Grundlagen von Fehlurteilen in Strafprozessen 21–131
- 21–24 Kapitel 1: Einleitung 21–24
- A. Problemaufriss
- B. Ziele der Dissertation
- C. Gang der Darstellung
- 25–54 Kapitel 2: Der Begriff des Fehlurteils 25–54
- A. Einleitung
- B. Auslegung des Teilbegriffs „Fehl-“
- I. Falschheit einer gerichtlichen Entscheidung
- 1. Ebene der Sachverhaltsfeststellung
- a. Grundsatz
- b. Bezugspunkt der Falschheit
- 2. Ebene der Rechtsanwendung
- 3. Zwischenergebnis
- II. Freisprüche als Fehlurteile
- 1. Freisprüche auf der Grundlage des Zweifelssatzes
- 2. Sonderkonstellationen
- a. Falscher Freispruchgrund
- b. Einzelne belastende Urteilsfeststellungen
- 3. Erfordernis einer Kausalität zwischen Fehler und Entscheidung
- III. Vermeidbarkeit von Fehlern
- 1. Grundsatz
- 2. Relative Vermeidbarkeit
- IV. Wirkrichtungen von Fehlurteilen
- C. Auslegung des Teilbegriffs „-Urteil“
- I. Allgemeines
- II. Fehlurteil versus Justizirrtum
- III. Rechtskraft als erforderliches Charakteristikum eines Fehlurteils?
- D. Zusammenfassung
- 55–79 Kapitel 3: Häufigkeit von Fehlurteilen 55–79
- A. Überblick
- B. Auswertung vorhandener Statistiken und Daten
- I. Statistik Rechtspflege Strafgerichte
- 1. Daten zur Wiederaufnahme des Verfahrens
- 2. Daten zum Erfolg der Rechtsmittel Berufung und Revision
- a. Berufung
- b. Revision
- 3. Zusammenfassung
- II. Jahresstatistik über den Geschäftsgang bei den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs
- III. Haushaltsausgabenübersichten der Bundesländer
- IV. Statistik über erbrachte Entschädigungen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG)
- 1. Überblick
- 2. Auswertung
- 3. Aussagekraft
- 4. Zusammenfassung
- V. Exkurs: Entwicklung der Entschädigungsbeträge nach dem Strafverfolgungsentschädigungsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland von 1971 bis 1994
- C. Zusammenfassende Einschätzung
- 80–131 Kapitel 4: Normative Übersicht über Möglichkeiten der Fehlervermeidung und Fehlerkorrektur im Strafverfahren 80–131
- A. Vorkehrungen zur Gewährleistung der Richtigkeit strafgerichtlicher Entscheidungen
- I. In der Strafprozessordnung
- 1. Fehlervermeidung
- a. Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen (§§ 22 ff. StPO)
- b. Wahrheits- und Eidespflicht von Zeugen, sachverständigen Zeugen und Sachverständigen (§§ 48, 57, 59, 72, 79, 85 StPO)
- c. Verteidigungsrechte von Beschuldigten, Angeschuldigten und Angeklagten
- d. Aufklärungs- und Belehrungspflichten
- 2. Fehlerkorrektur
- a. Ordentliche Rechtsbehelfe
- aa. Rechtsmittel
- (1) Beschwerde (§§ 304-311a StPO)
- (2) Berufung (§§ 312-332 StPO)
- (3) Revision (§§ 333-358 StPO)
- bb. Sonstige ordentliche Rechtsbehelfe
- (1) Einspruch gegen den Strafbefehl (§ 410 f. StPO)
- (2) Der Zwischenrechtsbehelf (§ 238 II StPO)
- b. Außerordentliche Rechtsbehelfe
- aa. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
- bb. Anträge auf Nachverfahren
- cc. Kostenrechtliche Rechtsbehelfe
- dd. Anträge auf Entscheidung des Rechtsmittelgerichts (§§ 319 II, 346 II StPO)
- ee. Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 359 ff. StPO)
- II. Außerhalb der Strafprozessordnung
- 1. Verfassungsbeschwerde (Art. 93 I Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG)
- 2. Individualbeschwerde (Art. 34 ff. EMRK)
- 3. Formlose Rechtsbehelfe
- B. Gewährleistung der Richtigkeit des Strafverfahrens
- I. Anträge auf gerichtliche Entscheidung
- II. Rechtsbehelfe gegen einen Haftbefehl und gegen Maßnahmen der Vollzugsbehörde
- III. Richtervorbehalte
- C. Zusammenfassung
- 132–245 Zweiter Abschnitt: Empirische Erkenntnisse zu den Ursachen strafgerichtlicher Fehlurteile und den Möglichkeiten ihrer Vermeidung 132–245
- 132–144 Kapitel 5: Ziele der Untersuchung und methodische Vorgehensweise 132–144
- A. Ziele der Untersuchung
- B. Methodische Vorgehensweise in dieser Untersuchung
- I. Diskussion möglicher methodischer Konzeptionen
- 1. Aktenanalysen
- a. Analysen von Wiederaufnahmeverfahren
- b. Analyse von Entschädigungsakten nach dem Strafverfolgungsentschädigungsgesetz
- 2. Auswertung von Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsentscheidungen
- 3. Auswertung vorhandener Fallsammlungen
- II. Methodische Konzeption dieser Untersuchung
- 1. Überblick
- 2. Kritische Betrachtung der gewählten Methode
- a. Vorauswertungen älterer Studien
- b. Vor- und Nachteile leitfadengestützter Experteninterviews
- 3. Kommunikationsform, Interviewart und Auswahl der Interviewpartner
- 145–183 Kapitel 6: Bestandsaufnahme strafprozessualer Fehlerquellen 145–183
- A. Detailauswertung einzelner Studien
- I. Hirschberg, Das Fehlurteil im Strafprozeß (1960)
- 1. Überblick
- 2. Fehlerquellen
- a. Unkritische Bewertung von Geständnissen, Belastungen durch Mitangeklagte, Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten
- b. Falsches Wiedererkennen des Tatverdächtigen
- c. Die Lüge als Schuldbeweis
- d. Ursachen im Rahmen der richterlichen Urteilsfindung
- aa. Richterliche Überzeugung
- bb. Mangelnde Anwendung (kriminal-)psychologischer Erkenntnisse
- e. Normative Ursachen
- 3. Kritische Betrachtung
- II. Kiwit, Fehlurteile im Strafrecht (1965)
- 1. Überblick
- 2. Fehlerquellen
- a. Fehlende bzw. fehlerhafte bzw. fehlerhaft ausgewertete Beweismittel
- aa. Personalbeweis
- bb. Sachbeweis und Sachverständigenbeweis
- cc. Fehlerhafte Auswertung der Beweismittel
- dd. Fehlerhafte Auswertung von Indizien
- b. Fehlerhaft bewertete Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten
- c. Verstöße gegen das Verbot ungesicherter Überzeugungsbildung / Fehlerhafte bzw. unterlassene Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“
- d. Fehlende zweite Tatsacheninstanz bei erstinstanzlichen Verfahren vor Landgerichten und Oberlandesgerichten
- 3. Kritische Betrachtung
- III. Peters, Fehlerquellen im Strafprozeß (1970 – 1974)
- 1. Überblick
- 2. Fehlerquellen
- a. Allgemeine Fehlerquellen
- aa. Auswertung der Angaben im Fälleverzeichnis
- bb. Peters‘ Auswertungen im zweiten Band
- (1) Personalbeweis
- (2) Sachbeweis
- (3) Ermittlung und Aufklärung
- (4) Richterliche Überzeugungsbildung
- (5) Normative Ursachen
- b. Deliktstypische Fehlerquellen
- 3. Kritische Betrachtung
- B. Zusammenfassung der Erkenntnisse bisheriger empirischer Studien
- 184–245 Kapitel 7: Experteninterviews mit Strafrichtern an Rechtsmittelgerichten 184–245
- A. Vorbemerkungen zu den geführten Interviews
- B. Durchführung der Interviews und Vorgehen bei der Auswertung
- C. Kurzvorstellung der Interviewpartner
- D. Leitfaden
- E. Ergebnisse der Interviews
- I. Häufigkeit strafgerichtlicher Fehlurteile (Frage 1)
- II. Zentrale Fehlerquellen in Strafprozessen (Fragen 2 bis 10 und Frauge 16a)
- 1. Allgemeine Einschätzung
- a. Offene Frage
- b. Im Einzelnen zu benannten und weiteren Fehlerquellen
- aa. Zeitmangel bei der Erledigung von Strafverfahren
- bb. Einlassungsverhalten der Beschuldigten und Angeklagten
- cc. Komplizierung des Strafrechts und mangelnde Fachkenntnisse in Spezialrechtsgebieten
- dd. Fehler bzw. Unzulänglichkeiten im Ermittlungsverfahren
- ee. Richterliche Vorbefassung im Zwischenverfahren
- 2. Aktualität der Ergebnisse älterer Untersuchungen
- a. Schwäche des Personalbeweises
- b. Gerichtliche Aufklärungsfehler
- 3. Fehlerquellen auf Rechtsebene
- 4. Fehlerquellen in Absprache- und Strafbefehlsverfahren
- 5. Der Mensch als Fehlerquelle
- III. Vermeidungsmöglichkeiten (Fragen 12 bis 15, 16b und 17 bis 19)
- 1. Beheben der genannten Fehlerquellen
- a. Schwäche des Personalbeweises
- b. Zeitmangel
- c. Ermittlungs- bzw. Aufklärungsfehler
- d. Fehler im Rahmen der gerichtlichen Überzeugungsbildung
- 2. Eignung des Rechtsmittelrechts zur Korrektur von Fehlurteilen
- 3. Korrekturmöglichkeiten de lege ferenda
- 4. Audiovisuelle Dokumentationstechnik
- 5. Zweite Tatsacheninstanz für erstinstanzliche Verfahren vor Land- und Oberlandesgerichten
- 6. Änderungen im Zwischenverfahren
- 7. Änderungen im Wiederaufnahmerecht
- IV. Rechtspolitische Aufmerksamkeit für Fehlurteile (Frage 20)
- V. Frage nach einem eigenem Fehlurteil (Frage 21)
- F. Zusammenfassung
- 246–337 Dritter Abschnitt: Möglichkeiten der Fehlervermeidung im Strafverfahren sowie Empfehlungen 246–337
- 246–299 Kapitel 8: Vermeidungsmöglichkeiten von Fehlern im Zusammenhang mit der Personalbeweisschwäche 246–299
- A. Anknüpfungspunkte
- I. Falschgeständnisse
- 1. Begriff und Bedeutung
- 2. Arten von Falschgeständnissen
- 3. Ursachen vernehmungsinduzierter Falschgeständnisse
- 4. Auswirkungen von Falschgeständnissen
- 5. Erkennbarkeit von Falschgeständnissen und Geständnisüberprüfung
- 6. Zwischenergebnis
- II. Falsche Zeugenaussagen
- 1. Arten und Ursachen von Falschaussagen
- 2. Erkennbarkeit von Falschaussagen und Aussageüberprüfung
- 3. Zwischenergebnis
- III. Vermeidungsmöglichkeiten
- 1. Vernehmungsart und Vernehmungsdauer
- 2. Verstärkter Einsatz kriminalistischer, forensischer und aussagepsychologischer Fachkenntnis
- a. Ausbildung der Strafprozessbeteiligten
- b. Sachverständige Fachkenntnis
- 3. Technische Dokumentation von Beschuldigten- und Zeugenvernehmungen
- a. Ermittlungsverfahren
- aa. Diskussion der Vor- und Nachteile
- bb. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit
- cc. Zwischenergebnis
- b. Hauptverfahren
- aa. Diskussion der Vor- und Nachteile
- bb. Verhältnis der Audiodokumentation zur Revision
- cc. Zwischenergebnis
- B. Empfehlungen
- 300–317 Kapitel 9: Möglichkeiten der Vermeidung gerichtlicher Aufklärungsfehler 300–317
- A. Anknüpfungspunkte
- I. Verstärkung der Personaldecke von Justiz und Ermittlungsbehörden
- II. Intensivierung der gerichtlichen Arbeit im Team
- III. Überlegungen zur Strafbarkeit wegen Fehlurteilens
- 1. Derzeitige Rechtslage
- 2. Fahrlässigkeitsstrafbarkeit bzw. Leichtfertigkeitsstrafbarkeit wegen Fehlurteilens?
- 3. Exkurs: Erkenntnisse aus den Experteninterviews
- B. Empfehlungen
- 318–330 Kapitel 10: Möglichkeiten der Fehlervermeidung im Zwischenverfahren 318–330
- A. Anknüpfungspunkte
- I. Effektivierung des Zwischenverfahrens
- 1. Funktionen des Zwischenverfahrens: Theorie und Praxis
- 2. Richterliche Voreingenommenheit durch die Befassung mit dem Anklagevorwurf im Zwischenverfahren
- 3. Diskussion denkbarer Verbesserungsmöglichkeiten
- 4. Zwischenergebnis
- II. Rechtsbehelf des Angeklagten gegen den Eröffnungsbeschluss
- B. Empfehlungen
- 331–337 Kapitel 11: Abschließende Überlegungen und Empfehlungen 331–337
- 338–343 Vierter Abschnitt: Zusammenfassung und Fazit 338–343
- 344–350 Anhang 344–350
- 351–376 Literaturverzeichnis 351–376
- 377–379 Quellenverzeichnis 377–379