Verfassung, Rechtsprechung und Informationstechnologie
Die Interpretation der Verfassung durch das Bundesverfassungsgericht und den U.S. Supreme Court im Lichte technologischer Entwicklungen am Beispiel des Privatsphäreschutzes
Zusammenfassung
Die Arbeit vergleicht anhand einer eigenen Definition von judicial activism, wie Bundesverfassungsgericht und U.S. Supreme Court mit technologischen Entwicklungen bei der Auslegung und Anpassung ihrer jeweiligen Verfassung umgehen. Man könnte vermuten, dass technologische Entwicklungen zu mehr Aktivismus der Gerichte führen, allerdings stellt sich die Realität differenzierter dar. Die Arbeit gibt nicht nur einen Überblick über die relevante Rechtsprechung des U.S. Supreme Courts und des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsrechtlichen Einordnung von technologischen Entwicklungen insbesondere in der Informationstechnologie, sondern entwickelt auch eine Methode zur Berücksichtigung solcher Entwicklungen bei der Verfassungsinterpretation.
Abstract
The study compares how the German Federal Constitutional Court and U.S. Supreme Court deal with technological developments in interpreting and adapting their respective constitutions based on its own definition of judicial activism. One could assume that technological developments lead to more activism of the courts, but reality is more differentiated. The study not only provides an overview of the relevant case law of the U.S. Supreme Court and the German Federal Constitutional Court regarding technological developments especially in information technology, but also develops a method for taking such developments into account when interpreting the constitution.
Schlagworte
- Kapitel Ausklappen | EinklappenSeiten
- 1–24 Titelei/Inhaltsverzeichnis 1–24
- 25–38 Einführung 25–38
- 39–142 Kapitel 1: Judicial Review 39–142
- A. Judicial Review
- B. Die Legitimität richterlicher Machtausübung und Judicial Restraint
- I. Die Legitimität der richterlichen Gewalt in den USA
- 1. Die Countermajoritarian Difficulty
- 2. Monopol des Supreme Courts auf die Interpretation der Constitution?
- II. Die Legitimität der richterlichen Gewalt in Deutschland
- 1. Die deutsche Staatsrechtswissenschaft und die Entwicklung des Grundgesetzes
- 2. Ausdehnung der Macht des Gerichts
- III. Judicial Restraint und die Grenzen richterlicher Macht
- 1. Judicial Restraint des Supreme Courts
- a) Prozessuale Hürden
- b) Die Political Question Doctrine
- c) Die Prüfungsintensität des Supreme Courts
- d) Der Grundsatz stare decisis
- 2. Beschränkungen in der amerikanischen Diskussion
- a) Beschränkung auf bestimmte Bereiche der Verfassung: Prozeduraler Ansatz
- b) Beschränkung der Reichweite der Entscheidungen: Minimalismus
- c) Auslegungsmethode
- d) Kontrolle des Gerichts durch das Volk
- 3. Zurückhaltung des Bundesverfassungsgerichts
- a) Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers
- b) Prozessuale Hürden
- c) Zurückhaltende Tenorierung und verfassungskonforme Auslegung
- d) Political Questions?
- 4. Die Diskussion über die Grenzen der richterlichen Gewalt in Deutschland
- a) Funktionell-rechtliche Grenzen
- b) Materiell-rechtliche Grenzen
- c) Gesellschaftliche Bestimmung der Funktion des Verfassungsgerichts
- IV. Die Bedeutung der Dogmatik
- 143–180 Kapitel 2: Judicial Activism 143–180
- A. Gemeinsamkeiten in der Beurteilung der richterlichen Gewalt
- I. Der Weg in die Juristokratie?
- II. Die durch Funktion und Methode beschränkte Macht der Gerichte
- B. Judicial Activism und Rechtsvergleichung
- I. Der Begriff Judicial Activism als Werkzeug der Rechtsvergleichung
- 1. Aufgabe der Rechtsvergleichung und rechtsvergleichende Methode
- 2. Beachtung unterschiedlicher Systeme und Begrifflichkeiten
- II. Die Definition von Judicial Activism
- 1. Definitionsversuche
- a) Die Dimensionen von Judicial Activism nach Canon
- b) Fokus auf den Richter und seine Ansichten
- c) Enger werdende strukturelle Kopplungen
- 2. Nutzbarmachung für die Untersuchung
- a) Wortlaut
- b) Abweichung von bisheriger Rechtsprechung
- c) Regelung über den Einzelfall hinaus
- d) Berücksichtigung technologischer Entwicklungen
- e) Graduelle Abstufungen oder binäre Einordnung?
- 181–220 Kapitel 3: Privatsphäre und Informationstechnologie 181–220
- A. Der Schutz der Privatsphäre
- I. Der Schutz der Privatsphäre in den USA
- 1. Das Erste Amendment
- 2. Das Vierte Amendment
- 3. Das Fünfte Amendment
- 4. Common Law Schutz der Privatsphäre
- 5. Einfachrechtlicher Schutz der Privatsphäre
- II. Der Schutz der Privatsphäre in Deutschland
- 1. Der grundrechtliche Schutz
- a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht
- b) Die speziellen Grundrechte
- 2. Einfachgesetzlicher Schutz
- B. Die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie
- 221–316 Kapitel 4: Die Entscheidungen des Supreme Courts 221–316
- A. Elektronische Überwachung: Die frühen Fälle
- I. Olmstead v. United States
- 1. Die Entscheidung der Mehrheit der Richter des Supreme Courts
- 2. Die abweichenden Sondervoten von Brandeis, Holmes, Butler und Stone
- 3. Bewertung der Entscheidung
- II. Elektronische Überwachung nach Olmstead
- 1. Goldman v. United States
- 2. On Lee v. United States
- 3. Irvine v. California
- III. Zusammenfassung und Bewertung
- B. Die revolutionären 1960er Jahre
- I. Silverman v. United States
- II. Der Schutz des gesprochenen Wortes
- III. Berger v. New York
- 1. Die Gründe Justice Clarks
- 2. Die zustimmenden Sondervoten
- 3. Die abweichenden Sondervoten
- 4. Der gemeinsame Nenner und die Bewertung
- IV. Katz v. United States
- 1. Die Reasonable Expectation of Privacy
- 2. Der letzte Abweichler: Justice Black
- 3. Bewertung
- V. Aldermann v. United States und Desist v. United States
- C. Eine angemessene Erwartung auf mehr? Die 1970er
- I. United States v. White
- II. United States v. Keith
- III. Smith v. Maryland
- D. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung des Supreme Courts
- I. Kyllo v. United States: Wärmebildkameras
- II. City of Ontario v. Quon: Zugriff auf Textnachrichten
- III. United States v. Jones: GPS-Sender
- 1. Die Gründe der Mehrheit
- 2. Die Gründe der Sondervoten
- 3. Grady v. North Carolina: Satellitenüberwachung eines Sexualstraftäters
- 4. Bewertung
- IV. DNA-Proben
- 1. District Attorney's Office v. Osborne
- 2. Maryland v. King
- 3. Bewertung
- E. Der Supreme Court und der Computer
- I. Laird v. Tatum
- II. Whalen v. Roe
- III. NASA v. Nelson
- IV. Riley v. California
- F. Der Kongress als Lückenfüller
- G. Zusammenfassung
- 317–426 Kapitel 5: Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 317–426
- A. Die Bestimmung der Grenzen der Telekommunikationsüberwachung
- I. Das Abhör-Urteil
- II. Die weitere Entwicklung der strategischen Überwachung
- 1. Das G10-Urteil
- 2. Telekommunikationsüberwachung I
- III. Überwachung durch Privatpersonen
- 1. Fangschaltung
- 2. Mithöreinrichtung
- IV. Neue Überwachungsbefugnisse
- 1. Der Große Lauschangriff
- 2. Überwachungsbefugnisse des Zollkriminalamts
- 3. Vorbeugende Telekommunikationsüberwachung
- 4. Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung
- B. Das Bundesverfassungsgericht und der Computer
- I. Die Entwicklung des Rechts auf Informationelle Selbstbestimmung
- 1. Die Mikrozensus-Entscheidung
- 2. Das Volkszählungsurteil
- II. Die Weiterentwicklung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im Lichte neuer Technologien
- 1. GPS-Sender
- 2. Schutz von Datenträgern
- 3. Datenerhebungen bei Dritten
- 4. Videoüberwachung
- 5. Bewertung
- III. Die Rasterfahndung
- IV. Automatisierte Kennzeichenerfassung
- V. Das IT-Recht
- VI. Abgrenzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung von anderen Grundrechten
- 1. Der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses
- 2. Kommunikationsdaten in der Wohnung
- 3. Die Vorratsdatenspeicherung
- 4. Die Zuordnung dynamischer IP-Adressen
- 5. Die Antiterrordatei
- 6. Bewertung
- C. Entscheidungen auf anderen Technikgebieten
- I. Die Rundfunkentscheidungen
- II. Risikobewertung neuer Technologien
- III. Zusammenfassung und Bewertung
- D. Zusammenfassung
- 427–472 Kapitel 6: Technologie und Judicial Activism 427–472
- A. Vergleich des Aktivismus' der Gerichte
- B. Der Umgang der Gerichte mit technologischen Entwicklungen
- C. Funktionale Gründe für den Aktivismus
- I. Das Bundesverfassungsgericht
- 1. Zuständigkeit
- 2. Zusammensetzung und Struktur
- 3. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts
- II. Der Supreme Court
- 1. Zuständigkeit
- 2. Zusammensetzung und Struktur
- III. Einfluss der Zuständigkeit und Struktur auf Aktivismus in Technologie-Fällen
- 1. Zwei Senate oder Neun Richter?
- 2. Die Annahme von Fällen zur Entscheidung
- 3. Die Stellung der Gerichte
- 4. Die Richter
- D. Zusammenfassung
- 473–530 Kapitel 7: Die Anpassung der Verfassung an neue technologische Entwicklungen 473–530
- A. Dynamik versus Stabilität und die Bedeutung der Methode
- B. Ansätze in den USA
- I. Die Rolle der Gerichte bei der Anpassung des Rechts
- 1. Argumente für die Zurückhaltung der Gerichte
- a) Die Eignung der Gerichte
- b) Die Rolle der Gerichte
- 2. Kritik
- a) Eignung der Gerichte
- b) Die Rolle der Gerichte
- II. Die Methode der Gerichte
- 1. Beschränkung der Auslegung auf den Text der Constitution und die historische Bedeutung der verwendeten Begriffe
- a) Beispiele für die textgebundene Auslegung
- b) Orin Kerrs Equilibrium Adjustment
- 2. Die dynamische Anpassung der Constitution
- a) Technologiebezogene Ansätze
- b) Technologieneutrale und prinzipienorientierte Auslegung
- c) Beurteilung der Eingriffsintensität auf der Grundlage der öffentlichen Meinung
- 3. Kritik
- C. Ansätze in Deutschland
- I. Die „Digitalisierung“ des Rechts
- II. Rechtliche Innovation und Techniksteuerung durch Recht
- III. Funktionale Auslegung
- IV. Kritik
- D. Die Anpassung der Verfassung an technologische Entwicklungen
- I. Berücksichtigung der funktionellen Grenzen
- II. Werte und Prinzipien
- III. Berücksichtigung der Technologie
- 1. Identifikation des Problems
- 2. Der klare Fall: Die vorhandenen Regeln genügen
- 3. Die Auflösung der Vieldeutigkeit
- 531–538 Zusammenfassung 531–538
- 539–574 Literaturverzeichnis 539–574
- 575–588 Rechtsprechungsverzeichnis 575–588
- 589–593 589–593