Datenkooperation durch Datenpooling
Eine rechtstatsächliche, rechtsökonomische, kartell- und datenregulierungsrechtliche Untersuchung
Zusammenfassung
Wie lassen sich unternehmerische Datenkooperationen, darunter Datenpools, so ausgestalten, dass sie datenbasiertem Wettbewerb dienen, ohne ihrerseits neue Wettbewerbsgefahren hervorzurufen? Die Arbeit untersucht dies interdisziplinär – ausgehend von einer rechtstatsächlichen und rechtsökonomischen Klassifikation von Datenpools im Spiegel des Kartell- und Datenregulierungsrechts. Dabei kommt auch eine gestalterische Perspektive zur Sprache, die auf eine großzügigere kartellverbotsrechtliche Einzelfreistellungspraxis und ein datenkooperationsfreundlicheres Kartellverfahrensrecht abzielt. Ergänzend wird eine Nachjustierung von Data Governance Act und Data Act erwogen, im Übrigen aber für datenregulierungsrechtliche Zurückhaltung plädiert.
Abstract
How to create data cooperations, including data pools, as accelerators of data-based competition without, in turn, creating new dangers for competition? This book addresses that hurdle interdisciplinarily. A factual and economic classification of data pools builds the ground for their examination in the light of competition law and recent regulatory products of the European data strategy. Against this backdrop, selected reform options are discussed focusing on a more generous practice of exemption under Art. 101(3) TFEU and on more administrative guidance for data pools. In addition, a readjustment of the Data Governance Act and the Data Act is considered while basically preferring a cautious regulatory approach with regards to data pools.
Schlagworte
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- 1–18 Titelei/Inhaltsverzeichnis 1–18
- 19–40 Einführung 19–40
- A. Einstieg: Wirtschaftlicher und organisatorisch-technischer Hintergrund
- B. Datenpooling: Dr B. ei allgemeine Definitionsmerkmale
- I. Vertragsgeflecht: Freiwilligkeitselement
- II. Zweiaktigkeit: Portfolioelement
- III. Bestandigkeit: Infrastrukturelement
- C. Gang der Untersuchung
- 41–120 Teil 1: Rechtstatsächliche Grundlagen 41–120
- § 1: Interaktionsgegenstand: Daten
- A. Daten im Verhältnis zu Informationen und Wissen
- I. Stufen und Dimensionen: Dynamik zwischen Daten- und Bedeutungsebene
- II. Eingrenzung innerhalb des Datenbegriffs
- B. Datencharakteristika im Spannungsfeld der Wirtschaftsgüter
- I. Nichtrivalität, Ausschließbarkeit und Substituierbarkeit
- II. Datenwert und wertbildende Faktoren
- C. Datenwertschöpfung
- I. Multidirektionale Prozesshaftigkeit
- II. Verbindungslinien zum Datenpooling: „Everything as a Service“
- § 2: Interaktionsrahmen: Pooling-Struktur
- A. Innere Strukturen
- I. Wirtschaftsstufen: Horizontal, vertikal, konglomerat, hybrid
- II. Interaktionsdimensionen
- 1. Personell: Partizipierende und Organisierende in drei Netzwerkszenarien
- 2. Sachlich-funktional: Bündelung, Interaktionsumfang und Zweck
- 3. Zeitlich: Dauer und Frequenz der Interaktion
- B. Außenverhältnis zu Dritten
- C. Verwandte Dateninteraktionsformen
- I. Marktinformationsverfahren
- II. „Data Sharing“-Modelle in jüngerer Zeit
- 1. Dezentrale Strukturen, resp. Distributed-Ledger-Technologie
- 2. Vermittlungsstrukturen, resp. Datenmarktplatz, -plattform und -treuhänder
- 3. Zentrale Strukturen, resp. „Data Broker“
- 4. Verbindungslinien zum Datenpooling
- D. Praktischer Blickwinkel
- I. Genereller Nutzen
- 1. Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und Internet of Things
- 2. Datenpooling als ein integraler Teil der Datenvernetzung
- II. Sektorspezifisch zugeschnittene Anwendungsfelder
- III. Fallbeispiel „Catena-X“
- E. Zwischenergebnis: Komplexitäts- und Konvergenzfacetten
- 121–238 Teil 2: Rechtsökonomische Untersuchung 121–238
- § 3: Klassischer Informationsaustausch unter Wettbewerbern
- A. Einzelwirtschaftliche Perspektive
- I. Statische Erklärungsansätze
- 1. Ausgangsszenario und Effekte-Trade-Off
- 2. Komplexitätsproblem
- II. Dynamische Erklärungsansätze
- 1. Kollusionsanreize
- a) Spieltheoretischer Hintergrund
- aa) Drei allgemeine Kollusionsbedingungen
- bb) Verbindungslinien zum Informationsaustausch
- b) Verhaltensökonomische Implikationen
- aa) Kollusionsrelevante Umstände
- bb) Verbindungslinien zum Informationsaustausch
- c) Relativierung des „Cheap Talk“-Arguments
- 2. Komplexitätsproblem
- B. Gesamtwirtschaftliche Perspektive
- I. Effizienzvorteile
- 1. Allokativ: Steuerungseffekte
- 2. Produktiv: Lerneffekte
- 3. Dynamisch: Innovationseffekte
- II. Schadensszenarien
- 1. Kollusionseffekte
- 2. Marktabschottungseffekte
- 3. Spillover- und Konvergenzeffekte
- C. Zwischenergebnis – zugleich: Ausgangspunkt für § 4
- § 4: Besonderheiten einer Datenpooling-Struktur
- A. Vorweg: Methodischer Hintergrund und einschlägige Literaturstränge
- B. Einzelwirtschaftliche Perspektive
- I. Personelle Dimension
- 1. Netzwerkeffekte unter den Partizipierenden
- 2. Prinzipal-Agenten-Beziehungen
- a) Rollenverteilungen: Prinzipale und Agenten beim Datenaustausch
- b) Pooling-Struktur: Verstärkungs- und Abmilderungsfaktor zugleich
- II. Sachlich-funktionale Dimension
- 1. (Transaktions-)Kostenperspektive
- a) Kategorisierung: (Transaktions-)Kosten beim Datenaustausch
- b) Poolbedingte Internalisierung und Grenzen
- 2. Datenwertschöpfungseffekte
- a) Größen- und Verbundeffekte
- b) Geschwindigkeitseffekte
- c) (Datenbezogene) Netzwerkeffekte
- III. Zeitliche Dimension
- 1. Vertragsunvollständigkeit und Hold-up-Problem beim Datenaustausch
- 2. Pooling-Struktur: Abmilderungs- und Verstärkungsfaktor zugleich
- IV. Außenverhältnis zu Zugangspetenten
- V. Zwischenergebnis
- C. Gesamtwirtschaftliche Perspektive
- I. Relevante Wettbewerbsverhältnisse
- 1. Kumulation an Bezugspunkten: Nachgelagerte Produkte, Daten(-vermittlung), Technologien und Innovationen
- 2. (Markt-)Abgrenzungserwägungen
- II. Effizienzvorteile
- III. Schadensszenarien
- 1. Kollusionseffekte
- 2. Marktabschottungseffekte
- 3. Spillover- und Konvergenzeffekte
- IV. Einige Ausgestaltungsimplikationen
- D. Zwischenergebnis
- 239–474 Teil 3: Kartellrechtliche Untersuchung 239–474
- § 5: Kartellverbot
- A. Abstrakter Überblick: Regelungsstruktur und -ziele
- I. Normenhierarchie: Europäische und nationale Ebene
- II. Binnensystematik: Tatbestand und Freistellung
- III. Einige Leitgedanken für die Anwendung des Kartellverbots
- B. Adressaten- und Koordinierungsebene
- I. Phase I: Vereinbarung der Poolgründung
- II. Phase II: Poolnutzung
- 1. Makroperspektive: Verbundkoordinierung durch Beschluss
- 2. Mikroperspektive: Dateninteraktionsbezogene Koordinierung
- a) Direkt durch Vereinbarung
- b) Indirekt als abgestimmte Verhaltensweise „über Eck“
- aa) Partizipierende als „spokes“
- (1) Indirekte Fühlungnahme: Abstimmungsvorgang
- a. „VM Remonts“-Kriterien als Beurteilungsmaßstab
- b. Erfordernis einer weitergehenden „Verständigung“?
- (2) Marktverhalten und Kausalität: Abstimmungsergebnis
- bb) Annex: Organisierende als „hub“
- (1) „AC-Treuhand“-Kriterien als Beurteilungsmaßstab
- (2) Organisierende als Handelsvertreter?
- C. Bezweckte oder bewirkte spürbare Wettbewerbsbeschränkung
- I. Wettbewerbsbeschränkung im Spiegel verschiedener Kooperationsarten
- 1. Informationsaustausch, resp. Marktinformationsverfahren
- a) Klassische unionsgerichtliche „Meilensteine“
- aa) „John Deere“
- bb) „Asnef-Equifax/Ausbanc“
- b) Proaktive Rolle der jüngeren europäischen Verwaltungspraxis
- aa) Verpflichtungszusagen in „Insurance Ireland“
- bb) Horizontal-Leitlinien: Neue und altbekannte Facetten
- (1) Dreiteiliger Kriterienkatalog
- (2) Bezweckt oder bewirkt
- c) Zwischenergebnis
- 2. Forschung und Entwicklung
- a) Vorweg: Innovation als janusköpfiger Wettbewerbsparameter
- b) Innovationsbezogene Wettbewerbsbeschränkung im FuE-Kontext
- c) Verbindungslinien zum Datenpooling
- aa) Grundlagen und Grenzen der direkten Vergleichbarkeit
- bb) Innovationsbezogene Implikationen
- 3. Technologietransfer, resp. Patentpooling
- a) Vorweg: FRAND als relativ unkonturierter Zugangsmaßstab
- b) Zugangsbezogene Wettbewerbsbeschränkung bei Patentpools
- c) Verbindungslinien zum Datenpooling
- aa) Grundlagen und Grenzen der indirekten Vergleichbarkeit
- (1) Ausschließbarkeitsfacetten
- a. Rechtlich: Geschäftsgeheimnis-, Datenbankschutz
- b. Faktisch: Technisch und vertraglich
- (2) Interaktionszweck und Portfolioelemente
- (3) Verfahren: „Huawei“-Kriterienkatalog als Vorbild?
- bb) Datenzugangsbezogene Implikationen
- (1) Art und Umfang von Zugangs- und Gegenleistung
- (2) Teilgruppen vs. vollumfängliche Vergemeinschaftung
- (3) Nachjustierung im Zeitverlauf
- 4. Standardsetzung
- a) Vorweg: Wettbewerbliche Ambivalenz kollektiver Standardsetzung
- b) Wettbewerbsbeschränkungen bei kollektiver Standardsetzung
- c) Verbindungslinien zum Datenpooling
- 5. Vermeintliche und echte Kollisionsfälle
- II. Wettbewerbsbezogene Tatbestandsrestriktionen
- 1. Nebenabredendoktrin
- 2. Arbeitsgemeinschafts- und Markterschließungsgedanke
- III. Exkurs: Aktuelle nationale Fallpraxis bei B2B-Handels- und -Datenplattformen
- 1. Typische Handelsplattformen
- 2. Sonderrolle von „Catena-X“
- 3. Ambivalenter Verfahrensmantel: Informelle Beratung
- D. Freistellungsmöglichkeiten
- I. Gruppenfreistellung
- 1. Vertikalvereinbarung (VO (EU) 2022/720)
- a) Dateninteraktionsverhältnis unter Partizipierenden
- b) Poolorganisationsverhältnis
- 2. Forschung und Entwicklung (VO (EU) 2023/1066)
- 3. Spezialisierung (VO (EU) 2023/1067)
- 4. Technologietransfer (VO (EU) Nr. 316/2014)
- II. Eckpfeiler der Einzelfreistellung
- 1. Überblick über die vier Voraussetzungen
- 2. Besonderheiten im Rahmen des Datenpooling
- a) Rechtzeitigkeits- bzw. Konkretisierungsmaßstab
- b) Kumulation von Auswirkungsrichtungen und Einflussfaktoren
- c) Unerlässlichkeit „by design“
- 3. Exkurs: Mittelstandskooperationen, § 3 GWB
- E. Zwischenergebnis
- § 6: Kartellrechtliche Prüfungsmaßstäbe jenseits des Kartellverbots
- A. Zusammenschlusskontrolle
- I. Ein Datenpool als Gemeinschaftsunternehmen
- 1. Verschiedene Arten an Gemeinschaftsunternehmen
- a) Keine reine Konzentration
- b) Differenzierung zwischen Voll- und Teilfunktion bei Kooperation
- 2. Implikationen für das Prüfungsprogramm
- II. Datenkonzentration im Spiegel der europäischen Zusammenschlusspraxis
- 1. Fallbeispiele aus der jüngeren Kommissionspraxis
- a) Schadensszenarien: Horizontale, vertikale und konglomerate Fälle
- b) Ergänzende Diskussion um adäquate Abhilfemaßnahmen
- 2. Verbindungslinien zum Kartellverbot
- B. Missbrauchskontrolle
- I. Mikro- und Makroperspektive auf Adressatenstellungen
- II. Anknüpfungspunkte für missbräuchliche Verhaltensweisen
- 1. Innere Strukturen
- 2. Außenverhältnis zu Zugangspetenten
- a) Klassische Vorgaben der Essential-facilities-Doktrin
- b) Grenzfall: Zugangsverweigerung gegenüber „Nicht-Wettbewerbern“
- 3. Verbindungslinien zum Kartellverbot
- III. Exkurs: Datenbedingte Abhängigkeit, § 20 Abs. 1a GWB
- 475–564 Teil 4: Datenregulierungsrechtliche Untersuchung 475–564
- § 7: Datenvermittlung
- A. Data Governance Act
- I. Abstrakter Überblick: Regelungsstruktur und -ziele
- 1. Binnenmarktbezogene Rechtsgrundlage
- 2. Daten-Governance und Leitgedanke der Vertrauensbildung
- II. Adressatenebene bezogen auf Datenvermittlungsdienste
- 1. Gemeinsame Datennutzung
- 2. Vermittlung einer datenbezogenen Geschäftsbeziehung
- 3. Unbestimmter Kreis an Nutzern
- III. Ausgewählte Regelungsinhalte
- 1. Formal: Anmeldeverfahren für Datenvermittlungsdienste
- 2. Materielle Anforderungen an Datenvermittlungsdienste
- 3. Kontextualisierung der Durchsetzung
- IV. Zwischenergebnis
- B. Exkurs: Weitere Digitalrechtssäulen mit Vermittlungsbezug
- § 8: Datenzugang im Data Act (Trilogentwurf)
- A. Abstrakter Überblick: Regelungsziele und -struktur
- I. Fairness als changierender Leitgedanke
- II. Bilaterale Basis als ausdehnbarer Ausgangspunkt
- B. Ausgewählte Regelungsinhalte
- I. Gesetzliche Zugangstatbestände
- 1. Zwei Zugangskonstellationen: Direkt und abgeleitet
- 2. Verbindungslinien zum Datenpooling
- a) Portfoliobildung
- b) Portfolionutzung
- II. FRAND-Renaissance und Schlichtungsverfahren
- III. Technisches Zugangsgrundgerüst, resp. Interoperabilität
- C. Zwischenergebnis
- 565–632 Teil 5: Synthese 565–632
- § 9: Wirkungszusammenhänge und Entwicklungstendenzen
- A. Spagat zwischen Einzel- und Kollektivbetrachtung
- B. Formalisierung qua (Selbst-)Regulierung und behördlicher Begleitung
- C. Mehrschichtigkeit und Kollisionskonsequenzen
- D. Innovationsbezogene Intertemporalität
- § 10: Reformoptionen
- A. Kartellverbot
- I. Facetten eines materiellen „safe harbour“
- 1. Keine datenpoolbezogene Gruppenfreistellungsverordnung
- 2. Punktuelle Modifikationen der Einzelfreistellung(-spraxis)
- II. Verfahrensrechtlicher „safe harbour“
- 1. Regulatory Sandbox: Zwischen Laissez-faire- und Top-down-Ansatz
- 2. Vorhandenes unionales Beratungsinstrumentarium und Ausbaupotenzial
- B. Datenregulierungsrecht
- I. Datenvermittlung
- II. Datenzugang
- C. Ausblick, resp. Ausbau des vertraglichen Fundaments
- 633–688 Literaturverzeichnis 633–688