Fehlsteuerungen im Patentrecht
Ursachen und prozessuale Lösungsansätze
Zusammenfassung
Das deutsche Patentsystem steht zunehmend in der Kritik. Angesichts stetig steigender Patentzahlen wird bemängelt, dass deren Rechtsbestand zu lange ungeklärt sei. Patente werden zudem zusehends wie konventionelle Wirtschaftsgüter gehandelt und als Sicherheiten eingesetzt. Sie sind Verhandlungsmasse für Unternehmen und können Marktbarrieren darstellen. Das führt zu einem Ungleichgewicht zwischen Innovationsförderung als eigentlichem Zweck von Patentschutz und Wettbewerb. Das deutsche Trennungsprinzip in seiner jetzigen Form begünstigt zudem strukturell Patentinhaber.
Die Arbeit untersucht die Kritik und arbeitet die Ursachen der aktuellen Schwierigkeiten heraus. Sie spürt Lösungsmöglichkeiten im geltenden Recht nach. Ausgehend hiervon wird ein Lösungsvorschlag auf Ebene des Zivilprozessrechts unterbreitet. Die vorgeschlagene Präklusionsregel lehnt sich an das US-amerikanische Patentrecht an und wahrt die Dogmatik von Trennungsprinzip und Unterlassungsanspruch.
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- 1–22 Titelei/Inhaltsverzeichnis 1–22
- 23–31 Einleitung 23–31
- A. Anlass der Untersuchung
- B. Gang der Untersuchung
- C. Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes
- 32–95 Teil 1: Aktuelles Schutzsystem in der Überprüfung 32–95
- A. Sinn und Zweck des Patentrechts
- I. Theorien zur Legitimation des Patentrechts
- 1. Ausgangspunkt: Machlups systematische Zusammenfassung
- 2. Naturrechtstheorie
- 3. Belohnungstheorie
- 4. Anspornungstheorie
- 5. Offenbarungstheorie
- 6. Zweck des Patentrechts
- II. Theorien in der Anwendung
- 1. Das deutsche Patentsystem aus Anmelderperspektive
- a) Grundzüge des Trennungssystems
- b) Verfassungsrechtlicher Hintergrund
- c) Attraktivität des Standorts Deutschland
- 2. Entwicklung der Patentanmeldungen in Deutschland
- 3. Zahlen und Hintergründe zu den Verfahren
- a) Verletzungsverfahren: Ein Ausweis für Qualität?
- b) Nichtigkeitsverfahren: Das wichtigste Verteidigungsmittel?
- c) Einspruchsverfahren: Eine kostengünstige Alternative?
- d) Außergerichtliche Vergleiche: Ein praktischer Kompromiss?
- e) Vergleich mit anderen Foren (UK, Frankreich, Niederlande)
- 4. Nicht vom Schutzzweck gedeckter Patenteinsatz
- a) Patenteinsatz im Wandel
- b) Neue Anforderungen an das Patentsystem
- c) Patente als Wirtschaftsgut
- d) Patente als Verhandlungsmasse
- e) Patente als Sicherheiten
- f) Patente als Wettbewerbshindernis
- g) Zwischenergebnis: Fehlanreize zur Patentierung
- 5. Sachfremdes Interesse an Patentschutz
- III. Status Quo des Patentrechts
- B. Folge der Fehlsteuerungen
- I. Allgemeine Folge: Neue Herausforderungen
- II. Folge für standardessentielle Patente
- 1. Grundzüge der Standardisierung
- a) Begriff und Ziele der Standardisierung
- b) Vorteile der Standardisierung
- c) Nachteile der Standardisierung
- 2. Rechtliche Bedeutung standardessentieller Patente
- 3. Praktische Bedeutung standardessentieller Patente
- 4. Fehlsteuerungen und Folgen für standardessentielle Patente
- C. Zwischenergebnis
- 96–158 Teil 2: Beurteilung der Schutzfähigkeit 96–158
- A. Patenterteilungsverfahren
- I. Historische Entwicklung
- II. Rechtliche Grundlagen
- III. Verfahren
- 1. Rechtsnatur des Erteilungsverfahrens
- 2. Verfahrensvoraussetzungen
- 3. Verfahrensgrundsätze patentamtlicher Verfahren
- a) Antragsprinzip
- b) Dispositionsmaxime
- c) Untersuchungsgrundsatz
- IV. Umfang der aufgeschobenen Prüfung
- 1. Die aufgeschobene Prüfung
- 2. Neuheit, § 3 PatG
- 3. Erfinderische Tätigkeit, § 4 PatG
- 4. Entscheidung im Prüfungsverfahren
- V. Wirkung der Entscheidung
- VI. Rechtsmittel: Die Beschwerde
- VII. Auswirkung der Entscheidung auf das Verletzungsverfahren
- 1. Schutzumfang des Patents nach früherer Rechtslage
- a) Ausgangspunkt: Lindenmaiers Dreiteilungslehre
- b) Kritik: Privilegierung des Patentinhabers?
- 2. Schutzumfang nach geltendem Recht
- a) Ausgangspunkt: Patentansprüche
- b) Wortsinn der Patentansprüche
- c) Äquivalente
- 3. Bedeutung für das Verletzungsverfahren
- 4. Zwischenergebnis
- B. Einspruchsverfahren
- I. Historische Entwicklung
- II. Rechtliche Grundlagen
- III. Verfahren
- 1. Rechtsnatur des Einspruchsverfahrens
- 2. Verfahrensbeteiligte
- 3. Verfahrensgrundsätze
- IV. Umfang der Prüfung
- V. Wirkung der Entscheidung
- VI. Rechtsmittel: Die Beschwerde
- VII. Auswirkung der Entscheidung auf das Verletzungsverfahren
- C. Nichtigkeitsverfahren
- I. Historische Entwicklung
- 1. Patentamtliches Nichtigkeitsverfahren
- a) Patentgesetz von 1877
- b) Patentgesetz von 1891
- c) Patentgesetz von 1936
- 2. Das patentgerichtliche Nichtigkeitsverfahren
- II. Rechtliche Grundlagen
- III. Verfahren
- 1. Rechtsnatur des Nichtigkeitsverfahrens
- 2. Popularklage
- 3. Dispositionsmaxime
- 4. Untersuchungsgrundsatz
- IV. Umfang der Prüfung
- V. Wirkung der Entscheidung
- VI. Rechtsmittel: Die Berufung an den Bundesgerichtshof
- VII. Auswirkung des Nichtigkeitsverfahrens auf das Verletzungsverfahren
- D. Zwischenergebnis
- 159–231 Teil 3: Patente und Verfahrensrecht 159–231
- A. Die mögliche Privilegierung des Verletzungsklägers
- I. Ausgangspunkt der Kritik
- II. Strukturelle Schwachstellen des Trennungsprinzips
- 1. Gefahr divergierender Entscheidungen
- 2. Injunction Gap
- 3. Festhalten am Trennungsprinzip
- B. Die Koordination von Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren
- I. Notwendigkeit für Koordination
- II. Aussetzung, § 148 ZPO
- 1. Zivilprozessualer Hintergrund
- 2. Vorgreiflichkeit
- 3. Ermessen
- a) Grundsätzliche Ermessenserwägungen
- b) Erfolgswahrscheinlichkeit nach der Rechtsprechung
- aa) Ausgangspunkt: Umstände des Einzelfalls?
- bb) Hinreichende Wahrscheinlichkeit in erster Instanz
- cc) Abgeschwächter Maßstab in zweiter Instanz
- dd) Weiter abgeschwächter Maßstab in der Revision
- c) Weitere Gesichtspunkte
- aa) Zeitpunkt der Einleitung des Rechtsbestandsverfahrens
- bb) Klagebegehren im Verletzungsverfahren
- cc) Beschränkte Verteidigung des Patents
- d) Kritik am schematischen Vorgehen
- III. Vollstreckungsschutz
- 1. Allgemeine Vollstreckungsgrundlagen
- 2. Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO
- 3. Vollstreckungsschutz nach §§ 719 Abs. 1, 707 ZPO
- a) Voraussetzungen
- b) Ermessensentscheidung des Gerichts
- c) Bedeutung bei Geltung des Trennungsprinzips
- 4. Vollstreckungsschutz nach § 719 Abs. 2 ZPO
- a) Voraussetzungen
- b) Geringe praktische Bedeutung
- 5. Vollstreckungsschutz analog § 719 Abs. 1 ZPO
- 6. Rechtsschutz nach § 717 Abs. 2 ZPO
- a) Sinn und Zweck
- b) Voraussetzungen
- c) Rechtsfolge: Risikohaftung des Vollstreckungsgläubigers
- d) Kritik: § 717 Abs. 2 ZPO als „problematischer Störfall“?
- 7. Rechtsschutz nach § 717 Abs. 3 ZPO
- a) Rechtfertigung für die Begrenzung auf die Herausgabe der Bereicherung
- b) Systematische Schwächen in der Rückabwicklung
- c) Kritik: Privilegierung des Klägers?
- IV. Restitutionsklage, § 580 ZPO
- 1. Grundgedanken der Restitutionsklage in der ZPO
- 2. Restitution im Zivilprozess
- 3. Restitution im Patentprozess
- a) Mögliche Restitutionsgründe
- b) § 580 Nr. 6 ZPO
- c) § 580 Nr. 7 ZPO
- 4. Stellungnahme und Kritik: Keine Analogie möglich
- V. Befund: Keine grundsätzliche Privilegierung des Patentinhabers
- C. Zwischenergebnis
- 232–267 Teil 4: Lösungsansätze de lege lata 232–267
- A. Bestandsaufnahme
- B. Maßnahmen der Europäischen Patentorganisation
- I. Raising the Bar-Initiative
- a) Behördenpraktischer Hintergrund
- b) Umsetzung
- c) Schlussfolgerung: Erste Schritte zur Verbesserung
- II. Early Certainty-Initiative
- a) Behördenpraktischer Hintergrund
- b) Umsetzung
- c) Schlussfolgerung: Fokus auf die Zeit
- III. Zwischenergebnis
- C. Anwendung des Vorbehaltsurteils als Abhilfemaßnahme
- I. Grundzüge des Patents mit einheitlicher Wirkung
- II. Vorbehaltsurteil im Verfahren über das Einheitspatent
- III. Schlussfolgerung: Vermeidung divergierender Entscheidung
- IV. Zwischenergebnis
- D. Handlungsoptionen der Wettbewerber
- I. FRAND-Einwand
- 1. Die kartellrechtliche Zwangslizenz (FRAND-Einwand)
- 2. Entwicklung des FRAND-Einwands in der Rechtsprechung
- 3. FRAND in der Spruchpraxis
- 4. Schlussfolgerung: Eine pragmatische (Zwischen-)Lösung
- II. Defensive Publishing
- 1. Konzept des Defensive Publishing
- 2. Motive für Defensive Publishing
- 3. Praktische Relevanz
- 4. Anforderungen an das Defensive Publishing
- 5. Schlussfolgerung: Alternative, aber keine befriedigende Lösung
- III. Zwischenergebnis
- E. Zwischenergebnis
- 268–331 Teil 5: Lösungsansätze de lege ferenda 268–331
- A. Erfordernis neuer Vorschriften
- B. Hintergrund von Präklusionsvorschriften
- I. Präklusion als allgemeines Institut des Prozessrechts
- II. Sinn und Zweck der Präklusion im Prozessrecht
- III. Verfassungsrechtliche Implikationen der Präklusion
- 1. Rechtliches Gehör
- a) Schutzumfang des Art. 103 Abs. 1 GG
- b) Keine Beschränkung durch Präklusionsvorschriften
- 2. Allgemeiner Gleichheitssatz
- a) Grundlagen
- b) Keine generelle Verletzung durch Präklusionsvorschriften
- 3. Rechtsstaatsprinzip
- a) Schutzumfang des Rechtsstaatsprinzips
- b) Keine generelle Verletzung durch Präklusionsvorschriften
- 4. Übermaßverbot und Verhältnismäßigkeitsgebot
- a) Schutzumfang des Übermaßverbotes
- b) Keine generelle Verletzung durch Präklusionsvorschriften
- 5. Kein prinzipieller Verfassungsverstoß
- IV. Bedenken des EuGH zur Präklusion
- V. Bedeutung der Präklusion im Zivilprozess
- 1. Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht der §§ 282, 296 ZPO
- a) Angriffs- und Verteidigungsmittel
- b) Verspätetes Vorbringen
- aa) Verzögerung bei § 296 Abs. 1 ZPO
- bb) Verzögerung bei § 296 Abs. 2 ZPO
- c) Zwischenergebnis: Präklusion bei taktischem Vorgehen
- 2. Berufung, §§ 530, 531 ZPO
- a) Ausgangssituation in der Berufung
- b) Verspätetes Vorbringen nach § 531 Abs. 1 ZPO
- c) Neuer Vortrag im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO
- d) Zwischenergebnis
- 3. Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO
- a) Ausgangssituation
- b) Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO
- VI. Bedeutung der Präklusion im Patentrecht
- 1. Präklusion im deutschen Patentrecht
- a) § 83 PatG
- aa) Entstehungshintergrund
- bb) Regelungsgehalt
- b) § 117 PatG
- c) Zwischenergebnis
- 2. Seitenblick in andere Rechtsordnungen
- a) Frankreich: Verjährung nach Art. 2224 CC
- aa) Grundlagen des französischen Patentverfahrens
- bb) Verjährung im Nichtigkeitsverfahren
- b) Vereinigtes Königreich: Anforderungen an den Parteivortrag
- aa) Grundlagen des UK-Patentverfahrens
- bb) Maßnahmen der Rechtsprechung
- c) USA: Präklusion im Nichtigkeitsverfahren
- aa) Grundlagen des U.S.-amerikanischen Patentverfahrens
- bb) Reasonably could have raised-estoppel
- d) Schlussfolgerung
- VII. Vorschlag einer verfahrensübergreifenden Präklusionsvorschrift
- 1. Erfordernis der Regelung
- 2. Konkrete Ausgestaltung der Präklusionsvorschrift
- a) Systematische Grundlage
- b) Konkreter Reformvorschlag
- c) Erläuterungen im Einzelnen
- aa) Systematik und Zweck der Vorschrift
- bb) Beurteilungsmaßstab
- cc) Verhältnismäßigkeit
- dd) Zwischenergebnis
- 3. Potentielle Kritikpunkte
- a) Vereinbarkeit mit dem Amtsermittlungsgrundsatz
- b) Keine Privilegierung des Patentinhabers durch die Präklusion
- C. Zwischenergebnis
- 332–344 Teil 6: Fazit & Schlussfolgerungen 332–344
- A. Aktuelles Schutzsystem in der Überprüfung
- B. Beurteilung der Schutzfähigkeit
- C. Patente und Verfahrensrecht
- D. Lösungsansätze de lege lata
- E. Lösungsansätze de lege ferenda
- 345–364 Literaturverzeichnis 345–364