Zusammenfassung
Simon Dubnow beschäftigte sich als politischer Denker, Politiker und Visionär angesichts des sich durchsetzenden Nationalstaatsprinzips mit der Frage, wie sich die Juden als ein Volk in der Diaspora in einer Welt von Nationalstaaten organisieren könnten. Damit wird einer Strömung innerhalb des jüdischen Nationalismus Aufmerksamkeit zuteil, die ihren Ausgangspunkt Ende des 19. Jahrhunderts in Osteuropa nahm und zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch das Westjudentum sowie Amerika erreichte. Sie wurde als Diaspora-Nationalismus bzw. Autonomismus bekannt und verstand sich als inklusivere Alternative zum Zionismus. Damit schuf Simon Dubnow eine Spielart des jüdischen Nationalismus, der die bis dahin als Mangel empfundene Absenz eines eigenen Staates und Territoriums entgegen des Zeitgeistes positiv besetzte und sie als lebbare moderne nationale Zukunftsvision aufbaute. Mit der Gründung des World Jewish Congress im Jahre 1936 wurde diese Idee einer jüdischen transterritorialen Repräsentation der Juden rund um den Erdball schließlich Realität, wenngleich sich die innerjüdischen als auch allgemeinen politischen Bedingungen dafür enorm verändert hatten.