Zusammenfassung
Adornos Diktum, nach Auschwitz ein lyrisches Gedicht zu schreiben, sei barbarisch, ist ebenso berühmt, wie es unverstanden geblieben ist. Ferdinand Zehentreiter geht den gesellschaftstheoretischen Implikationen der finsteren Diagnose Adornos nach und legt die ungebrochene Aktualität ihres radikalen Zweifels an Sinn und Berechtigung von Kunst dar. Ausgangspunkt ist eine neuartige Rekonstruktion von Adornos Kulturbegriff und sein Vergleich mit aktuellen soziologischen Kulturdiagnosen, vor allem denen von Pierre Bourdieu und Luc Boltanski. Dem stellt der Autor die Diskussion eines Werkbegriffs an die Seite, der Adornos Diktum standhalten kann und der – in Anlehnung an Chantal Mouffe und Ernst-Wolfgang Böckenförde – auch die politische Qualität der autonomen Kunst aufzeigen kann. Hinzu treten exemplarische Analysen von Literatur, bildender Kunst und Musik (Imre Kertész, Christian Boltanski, Luigi Nono). Daran gewinnt das Buch eine Negative Ästhetik nach Auschwitz, die die Relevanz und gesellschaftliche Verantwortung von Kunst einsichtig macht.