Der Kronzeuge im Wirtschaftsstrafrecht
§ 46b StGB als Mittel der Aufklärung von Wirtschaftsstraftaten unter Berücksichtigung der Cum/Ex Verfahren
Zusammenfassung
Sogenannten Kronzeugenregelungen wird in Wissenschaft und Praxis seit jeher mit Skepsis begegnet. Auch die seit 2009 existierende große Kronzeugenregelung des § 46b StGB fand daher bislang nur wenig Beachtung. Jüngste Entwicklungen wirtschaftsstrafrechtlicher Großverfahren – insbesondere der Cum/Ex Prozesse – gaben jedoch Anlass zur Untersuchung, ob sich § 46b StGB künftig als effektives Instrument zur Aufklärung von komplexen Wirtschaftsstraftaten erweisen kann. Nach Betrachtung der hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen spricht sich der Autor für eine Anpassung der Vorschrift aus, um diese auch für künftige Entwicklungen – vor allem im Bereich des Hinweisgeberschutzes und der Verbandssanktionen – auf den neuesten Stand zu bringen.
Abstract
So-called leniency programs have always been regarded with skepticism by the scientific community and practitioners. The major leniency program under section 46b of the German Criminal Code (StGB), which has been in existence since 2009, has therefore received limited attention to date. However, recent developments in large-scale white-collar criminal proceedings – in particular the Cum/Ex trials – gave reason to analyze if section 46b of the German Criminal Code can prove to be an effective instrument for the investigation of complex white-collar crimes in the future. After analyzing the required framework conditions, the author recommends an adjustment of the provision in order to bring it up to date for future developments, especially in the area of whistleblower protection and association sanctions.