Schwache Nerven, starke Texte
Thomas Mann, die bürgerliche Gesellschaft und der Neurasthenie-Diskurs
Zusammenfassung
Um 1900 war das medizinische Phänomen der Neurasthenie zu einem allgemeinen Störungsbild angewachsen, an dem sich das Unbehagen an der Moderne manifestierte. Die Neurasthenie war immer mehr als das psychische Leiden einzelner – sie war auch der Preis, den Gesellschaft für den Fortschritt zu zahlen hatte. Auch Thomas Mann war vom Nervendiskurs seiner Zeit wie auch vom Wissen um die Neurasthenie beeinflusst. Vor allem im frühen Werk, so in Buddenbrooks und Tonio Kröger, versammeln sich diese Themen wie in einem Brennglas: Zwischen Degeneration und Psychologie des Selbst ist die Neurasthenie zum Symptom einer Krise des bürgerlichen Subjekts geworden; so kann z.B. aus heutiger Sicht die Symptomatik Thomas Buddenbrooks als erste Fallvignette in der Geschichte des Burnouts gelesen werden. In diesem Band geht es aber nicht darum, die zur Schablone gewordene Deutung der Neurasthenie als Zeitkrankheit um 1900 auf die Gegenwart zu legen. Vielmehr sollen die Diskurse um Nervenkrankheit und künstlerisches Potential als zeitgebundene Debatten befragt und nach den Bedingungen des Schreibens im Spiegel der Neurasthenie gefragt werden. Die Wiederbesichtigung eines berühmten Topos – Krankheit und Kunst bei Thomas Mann – will damit einen neuen Blick auf ein altes Thema werfen.
Schlagworte
Literaturwissenschaft Fin de Siècle Psychologie Moderne Krankheit Roman Aufsatzsammlung Jahrhundertwende Buddenbrooks Décadence Mann, Thomas Bürgertum Germanistik Tonio Kröger Künstlertum Erzählungen Nerven Degeneration Geschichte 1890–1914 Neurasthenie- 179–184 Die Autor*innen 179–184
- 185–186 Siglenverzeichnis 185–186
- 187–190 Personenregister 187–190