In meinem Aufsatz befasse ich mich mit den Aussagen Albert Speers beim Nürnberger Prozess und der medialen Rezeption seiner Anklage und Verur- teilung in Deutschland und den USA. Anhand dieses Fallbeispiels nehme ich mich des übergeordneten Themas „Technik und Verantwortung“ zum Zeit- punkt der gesellschaftlichen Umbruchphase nach dem Zweiten Weltkrieg an. Der Begriff Verantwortung dient dabei nicht als eine moralisch-analytische Kategorie, um ex post die Teilnahme an und Initiierung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Speer nachzuweisen. Es geht stattdessen darum, mit Hilfe der Verhandlungsprotokolle und der deutschen und US-amerikanischen Presseberichterstattung den zeitgenössischen Diskurs über Technik und Verantwortung zu analysieren. Speer spaltete seine Rolle als Rüstungsminister im „Dritten Reich“ vor Gericht in zwei Hälften. Als Mitglied der Reichsregierung übernahm er eine nicht justiziable politische „Gesamtverantwortung“, als „unpolitischer Techniker“ lehnte er jede juristi- sche Schuld ab. Die deutsche Presse machte den „unpolitischen Techniker“ zum Kronzeugen gegen die Ideologie und Politik der Nationalsozialisten, während die US-amerikanische Presse Speers Warnungen vor „technisierten Diktaturen“ dazu nutzte, ihn zum Kronzeugen gegen die Sowjetunion im beginnenden Kalten Krieg zu erheben. Beide medialen Anschlüsse an Speers Aussagen entzogen einer Debatte über moralisch-politische Ansprüche an Technik die Voraussetzungen.
This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.
Der heruntergeladene Inhalt darf nur für eigene Zwecke genutzt werden. Jede Art der Vervielfältigung führt zu einer Urheberrechtsverletzung!
This form uses Google Recaptcha for spam protection. Please enable Marketing Cookies in order to activate Recaptcha and use this form.